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Norwegens Wende aus der digitalen Sackgasse

Moderne Wirtschaftspolitik in Deutschland folgt dem Zwang, alle Brücken nach sich abzureißen, über die man gekommen ist. Eine Umkehr soll, selbst wenn man sich verlaufen hat, ausgeschlossen werden. Das ist in Sachen Energiepolitik so, wie die Sprengung der Kühltürme des 2015 stillgelegten Kernkraftwerks Grafenrheinfeld am 16.08.2024 oder die Sprengung des großen Doppel-Schornsteins des stillgelegten Kohlekraftwerks Moorburg (Hamburg) am 10.11.2024 bewiesen. Und dasselbe Verfahren soll nun auch im Rahmen der sogenannten »Digital-only«-Strategie der Bundesregierung Anwendung finden. Der fachlich zuständige Bundesverkehrs- und -digitalminister Volker Wissing forderte, vorsätzlich auf analoge Redundanzen und Rückfallebenen zu verzichten. »Wir müssen analoge Parallelstrukturen konsequent abbauen und auf komplett digitale Prozesse setzen«, sagte er. Das könnte sich als fatal erweisen, wie ein Blick nach Skandinavien zeigt.

Lange Jahre marschierten etwa Schweden und Norwegen an der Spitze auf dem Weg zur komplett bargeldlosen Gesellschaft. In Norwegen bestand zwar immer noch das Recht, bar zu bezahlen. Dennoch stieg die Zahl der Händler und Dienstleister sprunghaft an, die nur noch digitale Zahlungen akzeptierten. Von den rund 5,6 Millionen Einwohnern waren damit etwa 600.000 Bürger von der Inanspruchnahme vieler Leistungen einschließlich der öffentlichen Infrastruktur (ÖPNV, Post, Gesundheitsversorgung usw.) ausgeschlossen, da sie über keinen Zugang zu digitalen Zahlungsdiensten verfügten. Doch nun rudern Schweden und Norwegen bei ihren Plänen für eine bargeldlose Gesellschaft zurück.

Ausschlaggebend, so die politische Rechtfertigung, sei der Ukrainekrieg gewesen. Es habe sich aufgrund der Zunahme der grenzüberschreitenden hybriden Kriegführung und damit verbundener Cyberangriffe prorussischer Gruppen die Verletzlichkeit digitaler Zahlungssysteme gezeigt. Da bargeldlose Zahlungssysteme Teil eines einzigen Ökosystems seien, könne ein Angriff die Gesellschaft zum Stillstand bringen, hieß es von schwedischer Seite. Längere Stromausfälle, Softwaresystemfehler oder digitale Angriffe könnten dazu führen, dass Bargeld als »die einzige leicht verfügbare Alternative« übrigbleibe, um eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Lähmung zu verhindern.

Mit Wirkung vom 01. Oktober 2024 hat das norwegische Parlament nun ein Gesetz verabschiedet, das Handels- und Lebensmittelgeschäfte, Restaurants usw. dazu verpflichtet, auf Kundenwunsch Bargeldzahlungen anzunehmen. Ladenbesitzer, die weiterhin »No cash«-Schilder aufstellen, müssen mit einem Bußgeld rechnen. Bargeldzahlungen sind jetzt bis zu einer Höhe von 20.000 Norwegischen Kronen (zirka 1.670 EUR) überall wieder möglich (Quelle).

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